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Technische Daten für Eigenproduktionen

So will Netflix seine Originals geliefert bekommen

Einen interessanten Hinweis auf die technologische Richtung, die der Streamingdienst einschlägt, sind die technischen Anforderungen an deren eigene Produktionen, die Netflix Originals. Diese Specs sind nämlich frei im Netz einsehbar. Was ist ihnen wichtig? Wir haben mal ein paar interessante Punkte herausgefischt.

Netflix LogoEs mag das gute Marketing sein, dass die Streamingplattform Netflix in den letzten Jahren vom Mail-DVD-Verleiher bis zum bekanntesten VoD-Anbieter hat aufsteigen lassen. Die knapp 5.000 Titel jedenfalls können nicht mit einer durchschnittlichen Videothek aus den 1990ern mithalten, in denen gern mal das vierfache zu finden war. Doch die Marktmacht ermöglicht es dem Netzriesen, eigene Produktionen in hoher Qualität zu produzieren. Das gilt für die offensichtliche Ebene, den Inhalt, wie auch für die dem Zuschauer weniger bewusste Ebene, die der technischen Qualität.

Was die Netflix-Eigenproduktionen angeht, so hat das Unternehmen klare Vorstellungen, was es will. In dieser Hinsicht stehen die Streamingdienste den öffentlich-rechtlichen Anstalten keinen Deut nach. Diese Spezifikationen an die Originals kommuniziert Netflix auch im Netz. Hier finden sich im Bereich Backlot-Help auf der amerikanischen Homepage, klare, detaillierte technische Spezifikationen für eine Produktion. Wer also darauf spekuliert, seinen Spielfilm oder seine Dokumentation an Netflix zu verkaufen, hat so einen guten Leitfaden, auf was er achten muss.

Warum 4K?

Natürlich geht es Netflix vor allem darum zukunftssicher zu sein. So sagen sie selbst in der Präambel des Texts. Aber was heißt das? Schon am Beispiel der ersten, echten technischen Anforderung wird das deutlich. Netflix möchte nämlich für Originals ausschließlich Kameras im Einsatz sehen, deren Sensoren natives 4K können, also mindestens 4096 × 2160. Moment mal, das schließt ja ARRI Alexa und Amira aus. Richtig, ein Blick in die FAQ bestätigt das. Zwar schätzt auch Netflix diese Kameras und hat viele Produktionen, die mit ihnen entstanden im Angebot, zum Beispiel die größtenteils auf der ARRI Amira gedrehte Doku “The Ivory Game” von Kief Davidson und Richard Ladkani. Doch für 4K Originals sind diese Kameras nicht geeignet.

Wieso aber diese Einschränkung aufgrund der reinen Auflösungsgröße? Hier lassen sich zwei Erklärungen finden. Einerseits ist es absolut logisch, dass Netflix darauf setzt, für die Zukunft das bestmögliche Format anbieten zu wollen. Hier also wird mit der Marktmacht ein didaktischer Effekt erreicht. Wenn ihr bei uns landen wollt, produziert nicht in einem Format, dessen Abspielgeräte in zwei Jahren veraltet sein werden. Das führt schon zum zweiten Grund.

Als Netflix diesen “Erlass” aussprach, war es 2014. Hier begannen die ersten TV-Geräte mit 4K HDR auf den Markt zu kommen. Samsung und LG fingen an, Sony auch. Einer der meist zitierten Sätze zum Thema Netflix war der von der “Zukunft des Fernsehens”. Sicher ist das mit Vorsicht zu genießen. Doch rein technisch stimmt das insofern, dass die breite TV-Produktion noch ein gutes Stück davon entfernt ist, End-to-End in 4K zu produzieren. Bis dahin liefert also Netflix eine Qualität, mit der das klassische Fernsehen technisch nicht mithalten kann, die aber mehr und mehr Endgeräte durchaus darstellen können.

Kamera-Empfehlung

Netflix stellt eine Liste bereit, die Kameras enthält, die von dem Unternehmen abgesegnet wurden. Darunter Canons C300 MK II, C500, C700, ARRI Alexa 65, die Panasonic Varicam-Reihe, RED Dragon, Weapon und Helium, Sony F55, F65 und FS7, und sogar die beiden Blackmagic-Design-Kameras URSA 4.6 und URSA Mini 4.6. Alles, was davon abweicht, muss mit Netflix abgesprochen sein. Das gilt auch für den Einsatz als Zweite Kamera oder für die allgemeine Akquisition zusätzlichen Footages.

Ebenfalls einer Absprache bedürfen alle Seitenverhältnisse jenseits von 2.00:1.

Das Aufnahmeformat muss eine Tiefe von mindestens 16-bit Linear oder 10-bit für Log-Aufnahmen besitzen, bei eienr Bitrate von mindestens 240 Mbps bei etwa 24 Bildern pro Sekunde. Entweder es wird gleich RAW aufgezeichnet oder in einem der abgesegneten Log-Farbräume der genannten Kameras, also S-Log3, CanonLog3, V-Log, LogC etc.). Keine Looks dürfen in der Material “eingebacken” sein, alle Metadaten müssen mitgeliefert werden.

Pipeline

Example Color Pipeline Diagramm
(Bild: Quelle: Netflix)

Diese genauen Spezifikationen ergeben spätestens dann Sinn, wenn man in die ebenfalls sehr genauen Vorstellung von Netflix bezüglich der Post-Produktion-Pipelines schaut. Für diese empfiehlt Netflix ACES, das Academy Color Encoding System. Auch wenn die vom Streamingdienst extra bereitgestellten Flowcharts nicht stark von den ohnehin bekannten Workflows in der Post abweichen, wird eines deutlich. Die Produktion in HDR ist ein fester Bestandteil und hat schon in der Verwendung von RAW seinen festen Platz im Produktionsablauf. Auch in den FAQ wird betont, dass dieser Bereich in Zukunft ausgebaut werden soll.

HDR ist jedoch aktuell noch kein Muss, wie es 4K ist. Obwohl beides auf TV-Geräten neuester Generation in einem Atemzug genannt wird. Es findet sich sogar der erstaunliche Satz, HDR sei eine kreative Entscheidung. “Some projects benefit from it more than others, based on the story and visual intent.” Im gleichen Atemzug beteuert der Streamingdienst, dass er HDR bei jedem Netflix-Original-Projekt unterstützen wird. Schadet also nicht.

Die Spezifikationen für die Post-Produktion gehen noch deutlich tiefer, was die Auflösung, Farbtiefe oder Bitrate der Anlieferung der VFX angeht. Netflix spezifiziert sogar die Auslieferung der Dailies und die Eigenschaften der finalen Archive. Schon während der Produktion soll also schon entgegengewirkt werden können, falls ein Aspekt nicht der Qualitätssicherung entspricht.

Die vollen Spezifikationen können auf der Netflix-Homepage ein den Netflix Originals: Production and Post-Production Requirements v2.1 eingesehen werden. Es lohnt ein Blick in die FAQ. Für detaillierte Anforderungen der Anlieferung und die Namens-Konventionen kann im Content Hub nachgesehen werden. Entwicklern und anderen Zulieferern stehen noch mehr Unterstützung zur Verfügung. Wer übrigens die früheren, getrennten Dokumente für Serien/Filme und Dokus/Stand-Up vermisst, diese wurden in der Version 2.1 im März 2017 in das oben erwähnte, gemeinsame Dokument überführt.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Da könnt ihr 99K machen, ist der Inhalt noch grausamer als Fernsehen, ist damit nur ein kleines Klientel zu erreichen.
    Das unschärfste asynchrone Geflimmer auf Youtoube ist mir lieber,
    Hauptsache der Inhalt interessiert. Inhalt der weder meine
    Intelligenz noch mein feeling beleidigt.

    Auf diesen Kommentar antworten
  2. Eigenartige Anforderungen in Sachen Auflösung, nachdem zuzeit gefühlt 95% auf der Alexa Mini in maximal 3.4K drehen…

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    1. sorry aber eben nicht jeder soll wie z.b. auf YT irgend ein müll auf netflix stellen es ist ein kinofilm portal für das kino brauch eh 8K also Blackmagic oder RED

      Auf diesen Kommentar antworten
  3. Wie schön, dass ich nun Renntner bin, und mich um diesen technischen Schwachsinn nicht mehr kümmern muss.
    Intelligent, spannend und phantasievoll einen Inhalt zu erzählen, ist einfach was anderes, als auf diese technisch-kommerziell und bieder ausgerichteten parameter sich auszurichten, die am Ende nur eines bewirken, dass von grossen Firmen und Meinungsmacher die Gehirne gewaschen werden.

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  4. Früher war alles besser und die Qualität wird auch immer schlechter!

    Die bisherigen Kommentare, teilweise auch von Rentnern, spiegeln nicht das wieder, was für Netflix der entscheidende Punkt ist: Abonnenten des Dienstes! Sonst nichts.
    Netflix hat keinen Bildungsauftrag, sondern muss einfach nur viele Abonnenten dazugewinnen und die bestehenden halten.
    Erfreulich ist dabei aber in der Tat, das es sehr präzise Spezifikationen gibt und hinterher niemand sagt, er wusste nicht worum es geht.
    Der finanzielle Aufwand einer solchen Produktion ist erheblich, was den Wettbewerb doch schonmal auf kompetentere Kollegen reduziert, die obendrein mit dem Equipment so umgehen können müssen (nicht nur behaupten, dass sie es können), dass Netflix es auch abnimmt. Da schimmert doch auch Hoffnung auf gutes Handwerk durch.

    Für die Inhalte waren schon immer andere zuständig, die gewöhnlich nicht zu den Lesern des Kameramanns zählen.

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  5. Was ich nicht verstehe, warum Netflix diese Vorgaben macht. Also wenn das Endergebnis im richtigen colorspace und der richtigen Auflösung und den gewünschten bitrates ist, sollte doch egal sein wie ich den Ton aufgenommen oder wie ich gearbeitet habe.
    Geht es hier um die überreichung des Rohmaterials oder warum diese genauen Vorgaben?

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  6. Wenn man als DoP mit manchen dieser 4K Kamera arbeitet und das Bild irgendwie ansehnlich machen möchte, dann werden oft Objektive und/oder Filter eingesetzt, die dem „überscharfen“ digitalen Bildeindruck entgegenwirken.
    Das Endresultat, das kreativ gestaltete Bild, ist dann ohnehin nicht mehr in 4K Auflösung… und kommt auch so nicht beim Zuschauer an.
    Netflix glaubt, durch solche Vorgaben, einen zukunftsweisenden (technischen) Standard zu setzen, macht dabei aber nichts anderes als den Kreativen ihr Werkzeug vorzuschreiben. Eine Arri Alexa/Amira, mit den Möglichkeiten in der Postproduktion ist sicherlich einigen der aufgeführten 4K Kameras vorzuziehen.

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  7. ich nehme vor allem die Serien in Netflix und auch in anderen Portalen als den Niveaugewinn wahr. “Früher” gab es das in dem Ausmass und auf dem erzählerischen und bildhaften Niveau so nicht. Wenn 4k ein Teil dieser Idee ist hochwertig zu arbeiten, dann ist das bestimmt okay.
    Unklar bleibt nur für jemanden der sich mit Kameras beschäftigt, wieso die Grenze so ohne Detailverstand vollkommen preisübergreifend gezogen wird. Eine Arri, die mit Sicherheit eine der besten Kameras überhaupt sein dürfte, mit der nicht-ganz-4k-Auflösung, “darf nicht”, und eine beispielsweise FS7 “darf”. Es würde doch jeder als absurd betrachten eine Produktion in 2-stelliger Millionenhöhe auf die Basis einer oder entsprechend mehrerer FS7 zu stellen. Eine Arri geht dabei aber wie selbstverständlich von den Lippen.
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass gerade das Thema nicht bei Netflix angekommen ist. Warum also besteht man bei Netflix noch immer auf diese Liste letztlich nicht ganz vergleichbarer Kameramodelle.
    Themen wie Codec und RAW, Available Light, Filter, Art der Postproduction, Umgang mit Kontrasten sind ja hier schon angesprochen worden und ich will die Auswirkung auf die Qualität des erzählten Bildes jetzt nicht ausdehnen.
    Aber um das kurz zu ergänzen, bin ich der Meinung, dass man mit Kameras der C300 Preisklasse extrem erfreuliche Ergebnisse (in 4K 🙂 erzielen kann. Am Ende zählt was und wie es erzählt wird.

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  1. News – AF Marcotec » Netflix’ technische Anforderungen an Netflix Originals

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