Anzeige
Anzeige
Dokumentarfilm: Drei Bremerhavener in der Antarktis

Sich fordern

Drei Bremerhavener Filmemacher suchten nach einer filmischen Herausforderung. Die fanden sie in der Antarktis. Sie warben um Unterstützer, packten schließlich ihre Sachen und dokumentierten jeden ihrer Schritte in den sozialen Netzwerken. Seit Oktober läuft ihr Film in den deutschen Kinos. Wir sprachen in unserem Heft 12/2018 mit Dennis Vogt über das Projekt.

Die Ehrlichkeit, sein eigenes Scheitern auch auf der Leinwand zu dokumentieren, findet man selten. Vor allem nicht so unterhaltsam dargestellt wie im Dokumentarfilm „Projekt: Antarktis“. Was klingt wie eine Polarstation der Nazis, ist tatsächlich die sich selbst auferlegte Herausforderung dreier ehemaliger Studenten aus Bremerhaven. Tim David Müller-Zitzke, Dennis Vogt und Michael Ginzburg trafen sich an der Hochschule Bremerhaven. „Irgendwann wollen wir mal einen Film in der Antarktis drehen“, das war das gemeinsame Ziel. Vogt und Müller-Zitzke kannten sich aus ihrem Heimatort Göttingen, sie kamen nach Bremerhaven zum Studium Digitale Medienproduktion. Ginzburg trafen sie an der Hochschule, wo er in der Biologieforschung tätig war und Foto- sowie Filmleute für ein Projekt suchte. Ginzburg hatte bereits an Expeditionen teilgenommen und besaß Polarerfahrung.

Im September 2016 setzten sie sich zusammen und skizzierten in einem Brainstorming das Konzept. Einig waren sie sich schnell darüber, dass es kein klassischer Dokumentarfilm werden solle. Denn keiner von ihnen ist klassischer Dokumentarfilmer. Vielmehr wussten die drei von Anfang an, dass sie auch ihr – für sie offensichtliches – Unvermögen Onscreen thematisieren wollen.

Mit dem ungewöhnlichen Ansatz traten sie an zahlreiche Unternehmen heran, um sie als Kooperationspartner ins Boot zu holen. „Wir haben über 100 Sponsoren angefragt und super viele Absagen bekommen“, erinnert sich Dennis Vogt. Sie überarbeiteten das Konzept dauerhaft und wuchsen am Feedback, das sie bekamen. Das Feintuning des Konzepts dauerte etwa ein Jahr. Dann kamen die ersten Sponsoren und die Basisfinanzierung stand. Die Kalkulation war so aufgebaut, dass sie starten konnten, sobald die reinen Reisekosten gedeckt waren.

SONY FS700 UND ALPHA 7

Der erste Sponsor war der Verein „Storm und Drang“ aus Bremerhaven, der sich für Kunst- und Kulturprojekte ein- setzt und erkannte, welches Potenzial in der Unternehmung steckte. Er übernahm die Reisekosten. Von da an kamen tröpfchenweise weitere Sponsoren an Bord. „Der erste Sponsor ist der wichtigste“, sagt Dennis Vogt. „Wenn andere sehen, dass da schon jemand an das Projekt glaubt, ist es leichter.“ Die drei hatten alles geplant und durchkalkuliert. Die Reise, ihr Filmequipment, natürlich entsprechende Kleidung für polare Temperaturen, aber auch die Kosten für Marketing und die spätere Postproduktion.

Die Ausrüstung musste für den Dreh vor allem eine Eigenschaft mitbringen: Kompaktheit. Viel Platz an Bord ist nicht, extra Licht war gar nicht drin. Hauptkamera war die Sony FS700 von Dennis Vogt, die zusammen mit einem Odyssey-Rekorder von Convergent Design zum Einsatz kam und auf Apple ProRes aufzeichnete. Mit dem Odyssey leistet die FS700 in ProRes bis zu 240 fps in 2K. Die Zeitlupen waren für die hochwertigen Aufnahmen zentraler Bestandteil. Zusätzlich stellte Sony den Alpha-Addicted- Koffer zur Verfügung. Das ist ein an Projekte verliehener Koffer mit einer Sony Alpha, E-Mount-Objektiven und Zu- behör. Zur A7s II und A7R kamen noch zehn GoPro6 Heros hinzu, die vor allem für die Vlog-Szenen verwendet wurden. Denn das Konzept sah vor, hochwertige Aufnahmen mit der FS700 zu machen und diese mit Vlog-Aufnahmen über das Projekt zu unterschneiden. Der S-Log2-Farbraum war für das Team gesetzt, da die Alphas ihn unterstützen und die FS700 nicht darüber hinaus geht. Er sollte das spätere Farbmatching erleichtern.

Die Hauptobjektive waren die Canon-Zooms 16-35 mm 2.8 und dem 24-70 mm 2.8. Für die Close-Ups der Tierwelt kam noch das 70-200 mm mit Zweifach-Konverter hinzu. Neben den Canon-Objektiven kamen aber auch Samyangs und natürlich Sony-E-Mount-Objektive zum Einsatz. Ein Ronin-Gimbal rundete das hauptsächlich eingesetzte Equipment ab. Viel vom Stativ drehten die drei nicht. „Meistens musst du so schnell reagieren, du kannst die Shots nicht planen“, erinnert sich Dennis Vogt.

VLOG UND CINEMA

Die Bildsprache orientierte sich an der geplanten inhaltlichen Dramaturgie. Der Film sollte keine Naturdoku werden, sondern den Weg der drei Jungs in die Antarktis und zurück dokumentieren. Das visuelle Konzept sah vor, die beiden dafür nötigen Komponenten abzuwechseln. Das waren einerseits sehr cinematografische Elemente, was Komposition und Bildaufbau anging, die vor alle die Naturszenen zeigen, die vornehmlich auf der FS700 entstanden. Diese sollten dann durchmischt werden mit den Vlog-Szenen, in denen die drei Filmemacher aus subjektiver Sicht die Reise dokumentieren, in die Kamera sprechen und Details dokumentieren. Diese Aufnahmen wurden mit den GoPros und den Alpha-Kameras gedreht und waren dementsprechend rougher und weniger geplant.

Wieso aber ein Vlog? Ist es nicht einfacher, eine Naturdoku unter die Leute zu bringen? Alle drei hatten bereits Erfahrung mit eigenen Projekten gesammelt. Sie wussten, ein Low-Budget-Projekt wie ihres würde es schwer in der Vermarktung haben, wenn man sein Publikum erst dann sucht, wenn der Film fertig ist. Also steckten sie von Anfang an Geld und Zeit in die dauerhafte Einbindung der Internetcommunity. Das geschah besonders über die Facebookgruppe „Filmemacher Deutschland“.

„Das ist ein Experiment, das ganze Konzept, dazu gehörte auch das Marketing“, sagt Vogt. „Wir wollten von Anfang an die Leute mit auf unsere Reise nehmen.“ Die Dramaturgie des Films folgt chronologisch genau dieser Reise und dem Fortschritt des Projekts selbst. [7172]

Lesen Sie morgen, mit welchen Schwierigkeiten die drei Filmemacher nach Ihrer Abreise in die Antarktis zu kämpfen hatten.

 

Anzeige

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.