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Pflicht für Freie

Absicherung für selbstständige Kreative: Die Künstlersozialkasse

Oft sind Kameraleute und andere Filmschaffende selbstständig tätig. Eine freiwillige und private Versicherung gegen die größten Risiken kann nicht jeder allein stemmen. Mit der Künstlersozialversicherung gibt es jedoch auch für Selbstständige im Kreativ-Sektor einen Weg in die gesetzliche Absicherung, mit der wir uns in der Ausgabe 9.2018 beschäftigt haben. 

Krankheit, Unfall, Alter. Das sind die elementarsten Lebensrisiken, denen jedermann ausgesetzt ist. Einerlei, ob man Alter tatsächlich als Risiko oder vielleicht lieber als eine unvermeidliche Begleiterscheinung des Leben betrachten will: Alle drei Umstände können zu existenzbedrohender Armut führen, wenn man dafür keine Vorsorge getroffen hat.

In Deutschland wurden bereits Ende des 19. Jahrhunderts diese drei Grundrisiken im Rahmen der Sozialgesetzgebung abgesichert. Zunächst wurde 1883 die gesetzliche Krankenversicherung eingeführt. Ein Jahr später folgte die Unfallversicherung und 1889 die gesetzliche Rentenversicherung. Grundsätzlich besteht bei der gesetzlichen Sozialversicherung eine Versicherungspflicht, um zu vermeiden, dass seitens der Versicherer eine Auswahl der Personen abhängig vom individuellen Risiko getroffen werden kann. Ein Beispiel hierfür wäre etwa eine Krankenversicherung, die nur gesunde Mitglieder ohne Vorerkrankungen aufnimmt. Insofern werden bei einer Pflichtversicherung auch solche Personen einbezogen, die nicht selbst für ihre Absicherung sorgen können, entweder weil ihr Einkommen dafür zu niedrig ist oder für den Versicherer ein zu hohes Risiko bestünde. Eine Pflichtversicherung sorgt also hier für einen solidarischen Ausgleich unter den Versicherten.

Die Leistungen der Sozialversicherung werden hauptsächlich durch Versicherungsbeiträge finanziert, die üblicherweise zu einer Hälfte von den versicherten Arbeitnehmern und zur anderen Hälfte von deren Arbeitgebern getragen werden. Dabei werden die jeweiligen Beiträge aus den Bruttolöhnen und -gehältern berechnet. Allerdings gibt es hier einen maximalen Wert, die so genannte „Beitragsbemessungsgrenze“. Meistens gibt es zusätzlich auch staatliche Zuschüsse zur Sozialversicherung, die aus dem Steueraufkommen bestritten werden.

Auch für Selbständige?

Dieses Sozialversicherungssystem hat aber seine Grenzen. Es gilt nämlich nur für Arbeiter und Angestellte in so genannten „abhängigen“ Beschäftigungsverhältnissen. Mit anderen Worten: Selbständige fallen hier zunächst einmal durch das Raster. Jeder Freiberufler oder Gewerbetreibende, und dazu gehören auch freie Kameraleute, muss selbst für Krankheit oder Alter vorsorgen. Es gibt jedoch zur Absicherung der Selbständigen in Deutschland speziell geschaffene Versorgungseinrichtungen wie zum Beispiel die „Pensionskasse Rundfunk“ oder das „Versorgungswerk der Presse“. Selbständige, die sich als Künstler oder im Bereich des Publizismus betätigen und damit den überwiegenden Teil ihres Einkommen erwirtschaften, können der Künstlersozialversicherung beitreten, für deren Mitgliederveranlagung und Beitragserhebung die Künstlersozialkasse mit Sitz in Wilhelmshaven ist.

Anders als die Sozialversicherung für Arbeiter und Angestellte ist eine Sozialversicherung für Künstler und publizistisch tätige Selbständige in Deutschland eine relativ neue Einrichtung, die erst seit 1983 besteht. Sie wurde mit dem Ziel geschaffen, Freiberuflern im Kreativ-Bereich trotz oftmals stark schwankender Einkünfte, unsteter Auftragslage und in der Folge schlechter Absicherung Zugang zu einer gesetzlich garantierten Kranken- und Rentenversicherung anzubieten.

Im Gegensatz zu freiwillig versicherten Selbständigen zahlen freischaffende Künstler und Publizisten dort nur einen dem Arbeitnehmeranteil entsprechenden Beitrag von 50 %. Damit sind sie ähnlich günstig gestellt wie Arbeitnehmer. Die andere Hälfte des Beitrags wird durch einen Bundeszuschuss von 20% finanziert, die restlichen 30 % kommen aus einer Abgabe derjenigen Unternehmen, die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten.


UPDATE zu den Bearbeitungszeiten:

Über unsere Social-Media-Kanäle haben einige Leser angemerkt, dass ihrer Auffassung nach die genannte durchschnittliche Bearbeitungsdauer für Aufnahmeanträge von etwa drei bis vier Monaten nicht realistisch sei und berichten von Fällen, in denen das Verfahren bis zu zehn Monaten gedauert habe. Wir haben deswegen aktuell noch einmal mit der Künstlersozialkasse gesprochen und dabei die Auskunft erhalten, dass solche Bearbeitungszeiten in Einzelfällen vorkommen, wenn zum Beispiel die Sachlage nicht eindeutig ist und deswegen Klärungsbedarf besteht. Manchmal sei eine solche Dauer auch auf zähe und unvollständige Kommunikation mit den Antragstellern zurückzuführen. Generell aber betrage die mittlere Bearbeitungsdauer tatsächlich drei bis vier Monate, zum Teil aber auch darunter. Das bestätigt einer unserer Leser, bei dem es nur vier Wochen dauerte, bis er Mitglied in der Künstlersozialversicherung wurde. [6078]


Aber wie wird man nun konkret Mitglied in der Künstlersozialversicherung? Hier gibt es eine Checkliste mit den nötigen Schritten.


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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Klasse Beitrag zum Thema Künstlersozialkasse! Das geht eigentlich fast alle in der Branche etwas an. Heute ist es für EB-Kameraleute etwas leichter geworden, in die KSK aufgenommen zu werden. Mir hat seinerzeit der Verein Freie Wildbahn e.V. bei der Argumentation geholfen. Dieser übernimmt auch heute noch völlig stressfrei die gesamte Kommunikation mit der KSK für mich.
    Am Ende des Artikels ist mir noch aufgefallen, dass der Link zur Checkliste nicht funktioniert. Dieser soll sicherlich hier hin führen:
    https://www.kameramann.de/branche/so-komme-ich-in-die-kuenstlersozialkasse-eine-checkliste/

    LG & Ahoi aus HH
    Daniel

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  2. Guter Artikel und zur Anmerkung kann ich nur anmerken, dass die KSK die Sachlage oft nicht verstehen will, sich also im Zweifelsfall oft etwas “dumm” stellt. Dies mag Verzögerungs- oder Zermürbungstaktik sein, aber natürlich hat sie kein Interesse daran, mit Mitgliedern überschwemmt zu werden.
    Ich wurde zweimal über einen Verein namens BIGmedia e.V. in die KSK gebracht (bei meiner ersten und vor kurzem erst bei meiner zweiten Existenzgründung) und es hat dank deren Expertise zweimal wie am Schnürchen geklappt. Mir wurde vor allem dabei geholfen meine Selbstständigkeit prägnant und schlüssig zu dokumentieren und dabei die rechte Ansprache zu treffen. Im Zweifelsfall kann ich Beratung nur empfehlen, spart Zeit und Nerven!! LG aus München, Lars

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  3. Die KSK ist m. E. die größte Ungerechtigkeits-Konstruktion unter der Sonne. 27 Jahre lang musste ich als Gesellschafter und Geschäftsführer einer TV-Produktions-GmbH KSK Abgaben auf mein eigenes Gehalt bezahlen, ohne Mitglied werden zu können. Ich habe also Beiträge für eine Versicherung bezahlt, von deren Leistungen ich nicht profitieren konnte. Auch in für mich sehr schwiereigen Zeiten mit wenig Umsatz. Da musste ich mich dann von gut verdienenden sebständigen Kollegen ohne GmbH auslachen lassen, weil sie auch von meinen KSK-Beiträgen profitieren, sich billig versichern konnten. Meine KSK-Pflichtigkeit in voller Höhe meines Gehalts ergab sich angeblich dadurch, dass meine gesanten GF-Aufgaben, also auch die administrativen Tätigkeiten, kreativ bedingt seien. Ad absurdum wurde das währern der Pandemie geführt: Monatelang keinen einzigen Auftrag, trotzdem Abgaben für “kreative” Tätigkeiten. Jetzt habe ich meinem Kameramann gekündigt, er arbeitet als Selbständiger für mich. Er wollte sich bei der KSK anmelden. Man hat ihm dort gesagt, das ginge erst, wenn er einen bestimmten Mindestumsatz erreicht habe. Auf die Rechnungen, die er meiner Firma stellt, muss ich natürlich sofort KSK-Abgaben zahlen. Könnt ihr verstehen, warum ich die ach so segensreiche KSK hasse wie die Pest?

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