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Grading-Tipps vom Coloristen

8-Bit-Kamerafiles in der Postproduktion

Im zweiten Teil unseres Gesprächs mit Andreas Fröhlich aus unserem Heft 6/2018 gibt der Colorist Tipps für den Umgang mit 8-Bit-Material.

Grading-Test von Andreas Fröhlich: Oben in ProRes 422HQ aufgezeichnetes Material, darunter die gegradete Version.

Worauf muss man generell achten, wenn man sich an das Grading von H.264- oder generell 8-Bit-Material  begibt und es eventuell sogar an hochwertigeres Material angleichen möchte?

Es ist grundsätzlich so: je flacher ich im Grading arbeite, desto weniger kommen solche Nachteile zum Vorschein. Das kann man sich zwar nicht immer aussuchen, wie steil ein Bild am Ende sein muss, denn es soll ja am Ende auch schön aussehen! Aber wenn man in der Lichter-Gradation, in der oberen Hälfte des Helligkeitsbereiches im Bild, mit dem Kontrast sparsam umgeht, dann bleibt gerade der Banding-Effekt oft kontrollierbar. Das wäre im Prinzip der einzige Tipp. Ansonsten kann ich im Grunde nur dazu appellieren, wenn man es gar nicht vermeiden kann, einen 8-bit-Codec zu verwenden, dann schon direkt in Rec.709 aufzunehmen – also schon ein steiles Bild aufzuzeichnen und dann aber wirklich zuzusehen, dass man sehr, sehr genau belichtet. Dann tauchen diese Effekte oft in der Stärke nicht auf.

Grading-Test von Andreas Fröhlich: Oben in H.264 aufgezeichnetes Material, darunter/daneben die gegradete Version, mit hervorgehobenen Ausschnitt des Bandings.

Was ließe sich denn aufnahmeseitig anders machen, wenn man mit einer Kamera dreht, die für HD nur H.264 in 4:2:0 anbietet, wie etwa die Canon C200? Soll man dann lieber den Mut haben, in die Datenschlacht zu ziehen und 4K RAW aufzuzeichnen?

Ich glaube, dass praktisch alle günstigen Kameras, die in das Profi-Segment stoßen, ob das jetzt eine Canon C100 oder eine DSLR wie die Sony α ist, die Möglichkeit haben, über HDMI oder SDI auf einen externen Recorder ein 10-bit-Signal aufzunehmen. Das ist dann zwar vielleicht nur ein ProRes 4:2:2 oder 4:2:2 HQ, aber das ist schon um Welten besser als H.264. Das wäre auf jeden Fall meine persönliche Empfehlung. Es gibt inzwischen kleine Field-Recorder, die 200 oder 300 Euro kosten, und falls sie einen Monitor haben, fangen sie eben bei 400 Euro an. Dann hat man zwar eine geriggte Kamera, weil doch wieder etwas drangeschraubt ist, und je nach Verwendungszweck könnte das auch stören. Aber der Qualitätsgewinn wäre enorm.
Bei RAW kommt es halt darauf an – das ist immer etwas relativ. RAW ist so RAW, wie die Kamera kann. Man denkt ja oft fälschlicherweise, es sei unkomprimiert, aber das ist ja nicht so. Das kann man alleine daran sehen, dass die RAW-Formate bei gleicher Farbtiefenauflösung unterschiedlich große Files schreiben. RAW ist nicht unbedingt immer die erste Empfehlung, wenn es um Bildqualität geht. Wichtig ist, dass man wenigstens ein 10-bit-Bild und ein Kamerasystem, mit einer gescheiten filmischen Bildverarbeitung hat. Da ist der Container gar nicht so kriegsentscheidend. Aber 8 bit ist für ein Bild, das eine Nachbearbeitung erfahren soll, im professionellen Bereich in meinen Augen schlicht ungeeignet. Davon sollte man möglichst die Finger lassen.

Was sind die Kriterien, die zu dieser Einschätzung führen – im Vergleich zu 10-bit-Material?

Man handelt sich einfach nicht diese Kompressionsartefakte ein, von denen das Banding das hervorstechendste ist. Wenn man mit H.264 aufzeichnet, findet man diesen Bildfehler je nachdem, welche Motive es gibt, in gut einem Viertel des Materials, spätestens nach dem Grading. Das führt auch dazu, wenn wir über öffentlich-rechtliche Sender in Deutschland reden, dass solches Material es auch nicht durch die technische Abnahme schafft, weil es ein so eklatanter Bildfehler ist. Das ist der Hauptgrund. Es ist tatsächlich so, wenn man ein H.264 mit einem ProRes 4:2:2 bei einem sehr unruhigen Motiv vergleicht, wo es keine Flächen gibt, dann wird man im Bild kaum einen Unterschied sehen. Vielleicht ist das Rauschverhalten etwas schlechter bei H.264, aber dazwischen liegen bei solchen Motiven keine Welten. Aber in dem Moment, wo es homogene Flächen im Bild gibt, und das Bild im Grading steiler gemacht wird, ist dieser Fehler so augenscheinlich, dass so etwas technisch nicht abgenommen wird.
Ich kann das nur noch einmal wiederholen und den Leuten wirklich ans Herz legen: Die Tatsache, dass es mittlerweile preiswerte Systeme gibt, auf die man extern aufzeichnen kann, ist eine günstige Möglichkeit, einen enormen Schritt nach vorn in der Bildqualität zu machen und sich einen Haufen Ärger zu sparen.

Also sollte man im Prinzip lieber beim Dreh ein klein wenig mehr Aufwand treiben, um sich in der Postproduktion eventuell sehr teure Manöver zu sparen?

Genau. Denn der oft gehörte Satz “Fix it in the post” hat noch nie gestimmt. [5182]

 

Den ersten Teil unseres Interviews mit Andreas Fröhlich können Sie hier lesen.

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