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Erfahrungsbericht

Nachtschicht für die Sony F5

Was eine neue Kamera wirklich leistet,  kann man am ehesten unter realen Alltagsbedingungen testen. Genau diese Möglichkeit bot sich Kameramann Gerald Fritzen, BVFK, jetzt mit mehreren Einspielfilmen zur ZDF-Sendung ABENTEUER FORSCHUNG zum Thema Licht, die er zusammen mit Nader Saffari mit der Sony PMW-F5 und den Fuji Cabrio-Optiken drehen konnte. Sendetermin ist am Dienstag, 7. Mai 2013 von 22.45 bis 23.15 Uhr (Mediathek).

Dreh bei Nacht

Hier sein Erfahrungsbericht (Bericht: Gerald Fritzen, Kameramann im BVFK, Fotos: Nader Saffari und Boris Giesl):

Selbst als Kameramann ist es für mich nicht einfach eine neue Kamera zu beurteilen, bevor ich persönlich damit gearbeitet habe. Die Werbung und der geheimnisvolle Hype, der um jedes neue Modell von Seiten der Hersteller betrieben wird, verrät mir als End-User leider überhaupt nicht, wie alltagstauglich die neue Kamera in der Praxis ist. Im Prinzip hilft einem da anfänglich nur, jeden Workshop im Rahmen der Vorstellung dieser neuen Kameras mitzunehmen, um sich selbst ein Bild zu machen.

Heute ist ein wichtiges Kriterium die hohe Auflösung: 2K, 4K und die natürlich als Raw-Aufzeichnung. Diese Entwicklung ist nicht so einfach nachzuvollziehen, denn für 4K brauche ich z.B. auch die entsprechenden Optiken. Wer braucht also diese Auflösung, zumal viele TV-Sender immer noch Programme in SD-Qualität ausstrahlen? Als Kameramann bin ich schon froh, wenn mir an der jeweiligen Kamera ein guter Sucher zur Verfügung steht, mit dem ich die Schärfe des HD-Kamerabildes beurteilen kann. Es ist mit einer hohen Auflösung auch nicht getan, wenn ich die Datenmengen nach dem Dreh nicht bearbeiten kann. Alleine der Zeitaufwand für das Speichern, das Kopieren und das Bearbeiten der 4K-Daten ist trotz der heute sehr schnellen Rechner und der mehrere TB-großen Festplatten immer noch gewaltig.

Es gibt natürlich unter uns Kameraleuten auch sehr unterschiedliche Meinungen, welche Kamerafeatures für jeden einzelnen von uns wichtig sind. Deshalb ist dieser Bericht nur mein ganz persönlicher Eindruck.

1) Die Drehanforderungen

Die Vorgaben waren kameraseitig klar definiert. Schöne, hochwertige Bilder sollten wir für Einspielfilme zur ZDF-Sendung  ABENTEUER FORSCHUNG zum Thema „Licht“ drehen. Wir hatten etwas mehr Zeit an den einzelnen Drehorten zur Verfügung, als bei den meisten anderen TV-Formaten, aber dennoch ein straffes Drehprogramm. Geplant waren unter anderem Nachtaufnahmen unter natürlichen Bedingungen und nur mit vorhandenem Licht. Wir brauchten also eine lichtstarke Kamera. Für die Nachbearbeitung stand ein Avid Symphony zur Verfügung und eine aufwendige Kontrast- bzw. Farbkorrektur war nicht angedacht. Damit war klar: keine Raw-Aufzeichnung.

Unser Filmteam bestand aus dem klassischen 2-Mann-Team, wie es bei Fernsehproduktionen die Regel ist. Ein Mini-Jib und ein Hollywood-Dolly haben uns dabei unterstützt, etwas Bewegung in die Bilder zu bringen.

 2) Warum die Sony PMW F5?

Letztendlich konnte ich mich zwischen zwei Kameras entscheiden. Zur Wahl standen die Canon C300 oder die neue Sony PMW-F5. Beide sind in einem vergleichbaren Preissegment um 15.000€ herum zu erwerben. Meine Wahl  fiel aus mehreren Gründen auf die Sony F5 mit dem 3,5-Zoll- LCD-Sucher DVF L350.

Gerald Fritzen mit der F5 mit Cabrio-Zoom, hier mit der Schulterstütze Titanium-Light-LWS-F5 von Bebop.

Der Kamerabody der F5/F55 Baureihe von Sony hat sich ziemlich gut den praktischen Anforderungen der User angenähert. Ähnlich wie die Alexa ist diese mit Super-35mm-Cmos-Sensor ausgestattete Kamera vom gesamten Aufbau her tatsächlich eine Kamera und kein modifizierter Fotoapparat (Canon C300) und auch kein „modularer Baukasten“ (Sony F3, Red Kameras, Blackmagic Cinema) mit extra Sucher oder Monitor! Alle diese Kameras machen tolle Bilder, sind aber meiner Meinung nach unhandlich.

Die Canon C300 zum Beispiel hat einen hohen Schwerpunkt, wenn der Handgriff mit dem Ton-Modul und dem LCD-Monitor angebaut ist. Den Handgriff brauche ich aber, sobald ich Tonaufnahmen direkt auf die Kamera aufzeichnen möchte. Die Signale werden von dort über Kabelverbindungen an die Kamera geschickt, was unpraktisch ist, weil das extrem anfällig für Kabelbruch ist. Der eingebaute Sucher ist hinten am Kamerabody angebracht, was ich sowohl bei Schulterkameraarbeit, als auch auf dem Stativ äußerst unpraktisch finde. Bei sehr hellem Umgebungslicht ist das Bild auf dem LCD-Monitor nicht gut erkennbar. Vernünftig arbeiten kann ich mit der Canon C300 eigentlich nur mit einem externen Sucher, den ich mir zusätzlich besorgen und dann über weitere Kabel an die Kamera anschließen muss.

Die Sony-Kamera PMW F5/F55 ist mit ihren 2,2 kg leicht und  je nach Ausstattung und mit der richtigen Optik auch recht gut ausgewogen. Der vielseitig verstellbare LCD-Sucher DVF L350 ist richtigerweise vorne an der Kamera angebracht, und das Menu-Display befindet sich ebenfalls an einer für mich gut einsehbaren Stelle. Sämtliche für mich wichtigen Kamera- Grundeinstellungen, wie Farbtemperatur, Framerate, Format, Empfindlichkeit und Gammaeinstellung sind auf dem Display dargestellt und auf Knopfdruck einfach veränderbar.

Auch das Ton- und Mediamenu ist in allen wesentlichen Funktionen sofort und fast schon intuitiv über das Display abrufbar. Alle anderen persönlichen Einstellungen kann ich vor Drehbeginn schon im Menu festlegen, und/ oder als Usereinstellungen  auf einer SD-Karte abspeichern und bei Bedarf einlesen. Die vier Assign-Tasten habe ich mit Peaking, Zebra, Display und der Record-Funktion belegt.  Viel mehr Möglichkeiten gibt es im Moment noch nicht. Abzuwarten bleibt, ob die Möglichkeiten für die Belegung der Assign-Tasten in den angekündigten Updates ebenfalls erweitert werden.

Interessant war die Frage nach dem richtigen Gamma, ohne entsprechende Erfahrungs- und Testwerte. Diese Frage war deshalb so wichtig, weil wir die Beiträge im Format XD-Cam HD 422, 50i mit 50 Mbit drehen sollten, ohne aufwendige Nachbearbeitung. Meine Wahl fiel nach einem rein optischen Test auf das Hypergamma mit der Bezeichnung HG7. Für eine etwas höhere Farbsättigung habe ich die Matrix Einstellungen „High Sat“ und „FL Light“ gewählt.

Sony gibt einen Dynamikumfang von 14 Blenden an, bei einer Grundempfindlichkeit der PMW F5 von 2000 ASA. Mit entsprechenden Objektiven sollten damit die Grundvoraussetzungen für die geplanten Nachtaufnahmen gegeben sein.

Die Kamera war zusätzlich mit der Schulterstütze  Titanium-Light-LWS-F5 von Bebob mit 60cm langen 19mm-Karbonstangen z.B. für den Einsatz eines Chrosziel-Kompendiums ausgestattet.

3) Die Objektive

Die F5 mit dem Weitwinkelzoom Fujifilm ZK 4.7x19.

Die neue ZK-Optikserie der Cabrio-Zooms von Fujifilm ist technisch gut, aber auch sehr teuer. 32.000€ für das Weitwinkelzoom und 35.220€ netto für das Telezoom sind richtig viel Geld. Dafür bieten die Optiken schnelle Brennweitenwechsel und mit dem elektronischen Zoomhandgriff Arbeitsweisen, wie ich sie an 2/3“-Zoll-ENG-Zoom-Objektiven schätzen gelernt habe. Für viele Reportage-Drehs und Dokumentarfilme ist das wichtig und ein echtes Plus. In der Regel fehlt bei diesen Produktionen die Zeit für einen häufigen Optikwechsel. Die Zoombereiche und eine Blendenöffnung von nur F2.9 bei der  Weitwinkeloptik ZK 4.7x 19 (19-90mm) und F2.9-F4.0 bei der Teleoptik ZK 3.5×85 (85-300mm) sind sicher dem Kompromiss geschuldet, beide Optiken relativ leicht und kompakt zu bauen. Für ein lichtstärkeres Zoom braucht man mehr und auch größere Linsen. Damit wären die Optiken länger und noch schwerer.

Gut finde ich, dass sich mit den Brennweiten der Cabrio-Objektive schon viele der alltäglichen Anforderungen abdecken ließen. Die 85–300mm finde ich für die lange Zoomoptik völlig ausreichend. Mit einer Anfangsschärfe von 1,2 m kann ich damit bei 300 mm Brennweite ein Auge bildfüllend aufzeichnen. Für die kurze Zoomoptik wäre ein Brennweitenbereich von 16mm-80mm optimal gewesen, aber das ist sicher auch Geschmacksache.

Begeistert hat mich die Möglichkeit, schnell mal mit der Zoomwippe die Brennweite für einen Ran- oder Wegsprung zu verändern, oder, falls tatsächlich notwendig, auch eine Zoomfahrt machen zu können. Bei einem Optikwechsel wären die reportagigen Situationen zeitlich vorbei gewesen.

Einen Kritikpunkt gibt es bei Schärfenverlagerungen. Diese sind mit Brennweitenveränderung verbunden, das heißt, die Optiken pumpen. Es ist sicher diskutierbar, ob Fujifilm bei denn doch recht teuren Optiken da Abhilfe schaffen kann. Andererseits setze ich diesen Pump-Effekt gelegentlich auch gezielt beim Drehen ein.

In Kombination mit der PMW F5 und deren hoher Grundempfindlichkeit von 2000 ASA lassen sich so die meisten Drehsituationen bewältigen, trotz der Anfangsblende F2.9 der Fujifilm-Optiken. Alleine aus schärfetechnischen Gründen brauche ich persönlich bei  großen Super-35-Sensoren im normalen Dreh-Alltag keine lichtstärkere Optik. Die Schärfentiefe ist ausreichend gering.

4) Das Handling

Fritzen5

Ich empfinde es  immer als Herausforderung, sich mit brandneuer Technik dem realen Drehalltag zu stellen. Eine Testsituation ist da wesentlich kalkulierbarer. Bei misslungenen Aufnahmen kann ich diese auch öfter wiederholen. Ein Zeitdruck besteht eher selten. Im regulären Drehalltag dagegen muss die Kameratechnik alle Drehsituationen bewältigen, um zu bestehen.

Die offensichtlichen Schwachstellen an der Sony PMW F5 (und damit auch der F55) sind der Stecker für den Sucher und die seitlich angebrachten Toneingänge. Das sind echte Sollbruchstellen, gerade im Schulter- oder Handkamerabetrieb. Aus den vielen Erfahrungen, die Sony im Broadcast-Bereich hat, hätten die Entwickler diese Anschlüsse besser positionieren müssen.

Gut dagegen finde ich die flexible Sucheraufhängung, die, obwohl sie etwas instabil wirkt, endlich einmal berücksichtigt, dass auch Kameraleute unterschiedlich lange Hälse haben. Meine Sucherentscheidung fiel wegen seiner Flexibilität auf den DFL 350 mit dem in zwei Richtungen aufklappbarem 3,5“-Zoll-Display. Damit ließen sich auch die Aufnahmen mit dem Jibarm und dem Hollywood Leichtdolly sehr gut kontrollieren.

Als allererstes fiel mir die Schnelligkeit auf, mit der die Kamera nach dem Einschalten betriebsbereit ist. Sämtliche vorgewählten Einstellungen waren gespeichert und verfügbar. Der Sucher hat eine ziemlich gute Auflösung, eine realistische Farbwiedergabe und ein ausreichend helles Display.

Als Hilfsmittel für die Focus-Einstellung habe ich das Peaking verwendet. Der Peaking-Level lässt sich in Farbe und Empfindlichkeit variabel einstellen und funktioniert gut, wenn genügend Kontraste im Bild vorhanden sind. Bei Nachtaufnahmen, oder schwachen Kontrasten ist das Peaking allerdings komplett überfordert und nicht mehr zu sehen. Zur Schärfenfindung war dann „Trial and Error“ angesagt.

Als Belichtungskontrolle habe ich das Zebra 1 auf Level 55% und das Zebra 2 auf Level 100% gesetzt.

Die Stromversorgung und die Steuerung der Cabrio-Optiken funktioniert über Kontakte im PL-Mount. Allerdings sind nicht alle technischen Möglichkeiten der Optiken ansteuerbar. Die Blendensteuerung zum Beispiel funktioniert nur manuell. In der Blendenstellung Auto Iris an der Optik schließt die Blende langsam, öffnet sich aber nicht. Die Rec-Funktion kann bisher ebenfalls nur über die Kamera ausgelöst werden. Die Kommunikation, also die Funktion „Lens Interface“ im Menu zwischen den Cabrio-Optiken und der Sony F5 benötigt noch einige Updates, um alle Möglichkeiten der Cabrio-Zooms auszuschöpfen. Andererseits gibt es im 2/3“-Zoll-Bereich genug Erfahrungen, auf die die Hersteller von Kamera und Optik zurückgreifen könnten.

Wichtig zu wissen ist noch, dass ich mit beiden Fuji-Optiken einen Grünstich in den Preset-White-Einstellungen 3200/4300/5500K der Kamera hatte. Lens Files gibt es noch nicht, deshalb habe ich eine generelle Weißanpassung für 3200 K mithilfe meines Lichts vorgenommen. Im Anschluss habe ich den Weißabgleich dann meist manuell an die jeweilige Farbtemperatur angepasst. Alternativ finden sich auch im Menu genügend  Möglichkeiten für  „lens flare“, „white offset“ und „shading“ etc. zur Korrektur der optischen Parameter.

Einstellungen, die ich aus der Hand und mit der Schulterkamera gemacht habe, waren nicht ganz einfach umzusetzen. Der Kamerabody der Sony F5 ist leichter, als die von mir eingesetzten Cabrio-Optiken. Eine verschiebbare Schulterstütze stand mir ebenfalls nicht zur Verfügung. Die Kamera war somit kopflastig. So bleibt dann nichts anderes übrig, als die Kamera mit Zusatzgewicht etwas länger und schwerer zu machen. Dann jedoch kommt man zusammen mit den Cabrio-Optiken schon auf ein mit der  PDW 700/800 vergleichbares Gewicht.

Andererseits finde ich es auch ganz praktisch, dass für den Schultereinsatz mit der F5 kein ausgeklügeltes und spezielles Schulterrig mehr benötigt wird, sondern ein verschiebbares Schulterpolster ausreichen würde, das mit einer Aufnahme für die Kompendium-Stangen und für eine Stativ-Keilplatte oder gleich eine Kameraplatte ausgestattet ist. Auch da bietet sich zur Lösung dieser Anwendung der Blick des Herstellers Sony auf seine Broadcastkameras aus der XDCam-Serie an.

5) Die BilderFritzen_Licht_AV_6

Bei der Kombination von Sony PMW F5 und den Fujifilm Cabrio-Optiken entstanden richtig schöne Bilder. Der Belichtungsumfang, die Details und die weiche Schärfe gefielen mir gut. Die Bilder haben eine schöne Zeichnung, eine sehr gute Farbwiedergabe und Farbtrennung und das schon im Aufzeichnungsformat XD-Cam HD mit 50 Mbit. Es gab kaum sichtbare Kanten und ich hatte bei meinem Projekt auch keine Probleme mit dem Rolling Shutter Effekt.

Fritzen_Licht_AV_7Für die Nachtaufnahmen hatte ich die Empfindlichkeit bis auf 6400 ISO angehoben mit tollem Ergebnis. Trotz eines leichten aber farbneutralen Rauschens sind sehr brauchbare Bilder entstanden, und auch bei sehr wenig Licht hatten die Bilder immer noch Zeichnung und Farbe. Die Frage, ob ich mit der Kamera den Sternenhimmel brauchbar abbilden kann, bleibt leider ungeklärt. Dafür war das Wetter an unseren Drehtagen zu schlecht.

6) Mein Fazit

Die Kombination von Sony F5 und den Cabrio-Objektiven von Fujifilm hat mich sehr überzeugt. Wenn Sony und Fujifilm die Kommunikation zwischen Kamera und Optik perfektionieren, die entsprechenden Lens Files erstellt werden und die Schulterrig-Frage gelöst ist, steht eine wirklich gute Kombination zur Verfügung. Die für mich ebenfalls wichtige Frage, ob ich mit dieser Kamera im Bereich Reportage oder Dokumentation unter den Bedingungen einer Fernsehproduktion schnell und gut arbeiten kann, ist für mich ebenfalls beantwortet: Es geht gut und macht Spaß!

Dank gebührt den Firmen Videocation aus München und Videor aus Rödermark für die tolle Unterstützung bei diesem Projekt.

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