Anzeige
Anzeige
Interview

Benedict Neuenfels: “Wir wollten den Täter in uns finden”

Jeder Blick ist anders: Benedict Neuenfels, geboren am 11. März 1966 in Bern, hat schon viele Preise mit ungewöhnlichen Filmen gewonnen. Aber seine erneute Zusammenarbeit mit Stefan Ruzowitzky nach dem Oscar-gekrönten DIE FÄLSCHER (2006) ist auch für ihn ein außergewöhnliches Projekt.

Wolfgang Thaler

DAS RADIKAL BÖSE, in den deutschen Kinos ab dem 16. Januar, ist ein dokumentarischer Essayfilm, der sich auf die Suche nach der Täter-Psychologie der Holocaust-Mörder begibt. Wie Hirnforscher sezieren die Macher die Gedanken- und Gefühlswelt der Verbrecher. Der Film verbleibt dabei nicht in einer historisierenden „Gestern“-Perspektive, sondern fragt, unter welchen Umständen Menschen zu allen Zeiten zu gewissenlosen Mördern werden können.

“Wir haben, um zu einer Darstellungsform zu gelangen, erst einmal nach tragenden erzählerischen Teilen gesucht, die wie ein Gerüst dem Film einen Halt geben können. Dann ging es darum, sehr viele Elemente zu integrieren und miteinander zu verknüpfen, ohne daraus schon eine feste Schlussfolgerung zu ziehen. Der essayistische Film benötigt die Suche, das Umkreisen eines Themas. Es ist nicht immer das Gezeigte auch schon eine Wahrheit. Bei diesem Film geht es nicht darum, mit den Bildern etwas zu determinieren, sondern wir wollen Anstöße geben, der Wahrnehmung einen Twist offerieren, womöglich den Täter in uns finden. Für meine Arbeit bedeutet dies, zunächst eine Struktur zu verstehen. Wenn ich die existenten Massengräber in der Ukraine zeigen will und weiss, dass diese Exekutionen sich im wunderschönsten ukrainischen Sommer ereigneten, ist das doch erstaunlich. Diese scheinbar reine Umgebung ist für mich ein bedeutsames Element dieses Grauens, das sich eben nicht im Dunklen unbemerkt in einem Hinterhof zugetragen hat in völliger Anonymität, sondern inmitten dieser Landschaft an einem hellen Sonnentag vor Zuschauern, die das verfolgen konnten. Sie gingen auf ihre Felder oder durchs Dorf und dann geschah es vor ihren Augen.”

Der Film steht nun auf der Vorauswahl-Liste für den Deutschen Filmpreis. Er könnte einen weiteren Erfolg für den Kamermann bedeuten, der nach dem Abitur als Assistent zunächst bei Xaver Schwarzenberger und Robby Müller gelernt hat, bevor er an der dffb studierte. Neuenfels, Mitglied im BVK, hat bereits dreimal den Deutschen Kamerapreis gewonnen,  für seine Bildgestaltung zu den Filmen DEINE BESTEN JAHRE (2000) und LOST KILLERS (2001) von Dito Tsintsadze, 2011 für die Fernsehproduktion HOMEVIDEO. 2006 übernimmt er die Bildgestaltung bei Stefan Ruzowitzkys KZ-Drama DIE FÄLSCHER, das 2008 mit dem Oscar für den besten nichtenglischsprachigen Film ausgezeichnet wird. Den Bayerischen Filmpreis und den Deutschen Filmpreis erhielt er 2008 für Maria Schraders Drama LIEBESLEBEN.

Hier noch der Trailer seines neuesten Films DAS RADIKAL BÖSE:

Anzeige

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.