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TEARDROP

Friede Clausz: «Mit der Helmkamera konnte ich rennen»

Set-Aufnahme vom Film TEARDROP
Set-Aufnahme aus TEARDROP (Foto Damian John Harper)

TEARDROP war beim Plus Camerimage Festival 2011 einer der Filme, der für Aufmerksamkeit sorgte – auch wenn er keine der begehrten Kaulquappen-Preise gewann. Aus radikaler POV-Sicht wird die Initiation eines Gangmitglieds gezeigt, der Zuschauer fiebert mit.

Jeder Blick ist anders: Wir unterhielten uns mit Kameramann Friede Clausz über das Projekt, der noch an der HFF München studiert.

TEARDROP ist in der Zusammensetzung der Leute und in der technischen Umsetzung ungewöhnlich. Wie fanden Sie zum Projekt?

Friede Clausz: Damian John Harper und ich kannten uns zuvor nur vom Sehen als Studenten an der HFF München. Als er mich für das Projekt ansprach, stand für ihn die Ego-Perspektive fest, und ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass die POV-Perspektive funktionieren kann, weil die Menschen durch Computerspiele daran gewöhnt sind. Er hat ansonsten keine Bedingungen gestellt – er hätte auch auf Mini-DV gedreht.

Sie haben stattdessen eine ganz eigene Lösung ausgetüftelt – macht Ihnen das Spaß?

Friede Clausz: Ich bin schon ein Tüftler. Ich wollte die Geschichte um ein junges Gang-Mitglied in Plansequenzen mit einer Schulterkamera umsetzen. Dafür habe ich erst einmal nach der kleinsten Kameras der Welt mit möglichst hoher Lichtstärke gesucht. Die SI-2K kam da natürlich auf, aber dafür hatten wir kein Geld. Und die GoPro-Sportkameras sind sehr leicht, aber von der Qualität her nicht geeignet. Wir hatten schließlich einen Kontakt zum Bayerischen Rund­funk, über den wir, für Super-16, eine Aaton A-Minima, erhielten. Es gibt zwar kleinere, aber sicher nicht so leise Film­kameras. Sie wiegt etwa drei Kilo mit der Zeiss Highspeed-12mm-Optik. Letztlich gab für den Film der hohe Kontrastumfang bei der relativen Leichtigkeit der Kamera den Ausschlag.

Wie haben Sie die Kamera eingesetzt?

Friede Clausz: Wir haben sie auf einem Fallschirmspringer-Helm gesetzt, damit bei meiner Körpergröße das Gefühl von Augenhöhe beim Zuschauer entsteht. Ein Motorradhelm wäre schon zu hoch gewesen. Darauf waren eine Platte und die Kamera montiert. Ich hatte eine Halskrause und eine Weste an, an der Gummibänder hingen, die jeweils gegenzogen, damit die Kamera mir nicht den Kopf zur Seite reißt. Per Video­brille sah ich das PAL-Signal der Kamera. Und mein Schärfenassistent Konstantin Wolkenstein hatte eine Funkschärfe. Ich konnte mit dem Setup sogar rennen.

Wie lange hat der Dreh gedauert?

Friede Clausz: Wir haben pro Szene einen Tag gedreht, insgesamt also sechs Tage. Die Kamera kam allerdings erst nach stundenlangen Stellproben zum Einsatz.

Sie sind natürlich Kameramann, aber sie spielen in diesem Fall auch …

Friede Clausz: Ich fand die Kombination aus beidem spannend. Ich habe schon bei Übungsfilmen vor der Kamera gestanden und finde das auch wichtig, um zu wissen, wie man Emotionen mit der Kamera hervorruft. Ich habe versucht, zu reagieren und nicht zu kadrieren. Das sollte ­alles aus der Emotion kommen. Es war schon wichtig für mich, die Angst zu spüren. Ich wollte mich richtig klein fühlen, wenn die Leute auf mich einschreien. Aber natürlich hatte ich auch gleichzeitig im Kopf, nicht zu wackeln.

In der letzten Szene sieht der Zuschauer erstmals den Protagonisten, in dessen Position er war, im Spiegel – ein schwieriger Trick?

Friede Clausz: Wir haben viel über VFX nachgedacht, aber das war viel zu kompliziert. Am Ende haben wir das klassisch mit einem Rasierspiegel gelöst. Wir haben ihn an den Ecken abgebrochen, um die Verzerrung abzumildern. Der Schauspieler versteckte sich im Bad, setzte sich dann neben mich auf eine Bierkiste und der Spiegel ­wurde leicht verkantet.

Und wie kamen Sie von Super-16 zu Scope?

Friede Clausz: Das wurde im DI gekascht. Aber das war bei unserem Look auch völlig in Ordnung. Wir haben das Material (Kodak 7201, 7219 ) bei Deluxe in New York um eine Blende gepusht, denn wir wollten es noch rougher.

Hier das Ergebnis, der Trailer des Films:

Auf dem Camerimage-Festival haben wir auch mit zahlreichen weiteren Kameraleuten geredet: Sin Huh, Gewinner der Bronzenen Kaulquappe für RAJU gehörte dazu – das Interview mit ihm hier. Wir trafen aber auch weltweit erfolgreiche Filmleute wie Jack Fisk, Roberto Schaefer, Edu Grau, John Seale, Timo Salminen, um nur einige zu nennen, die den Weg nach Bydgoscz in Polen fanden.

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