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Panel auf dem cineCongress zum Thema Fachkräftemangel (2)

Ausbildung attraktiver machen

 Das Panel „Fachkräftemangel & Nachwuchssorgen: Von Arbeitsrealität und Kaufkraftverlust below the line“ auf dem cineCongress 2022 beschäftigte sich damit, wie dem Fachkräftemangel hierzulande beizukommen ist, und befasste sich darüber hinaus mit den Gründen für die mangelnde Attraktivität der Filmberufe im Mittelbau. Wir geben in zwei Teilen Auszüge des Gesprächs wieder. Zusammengefasst in einem Artikel finden Sie die Inhalte in unserer Ausgabe 11.2022!

Alexander Böhle, Stefanie Wagner und Matthias Haedecke
Alexander Böhle, Stefanie Wagner und Matthias Haedecke (v. l.) (Foto: Hans Albrecht Lusznat)

Beim Panel „Fachkräftemangel & Nachwuchssorgen: Von Arbeitsrealität und Kaufkraftverlust below the line“ auf dem CineCongress am 16. September 2022 im Audimax der HFF München begrüßte Moderator Uwe Agnes auf dem Podium Stefanie Bieker, Szenenbildnerin und Vorsitzende der Initiative Nachwuchsförderung für Filmberufe, Alexander Böhle, freiberuflicher Kameramann und Vorstandsmitglied des BVK, Matthias Haedecke, Geschäftsführer Bildgestaltung und Geschäftsbereichsleiter Bildgestaltung und Design in der Produktionsdirektion des ZDF, Frank Trautmann, Kameramann und Erster Vorsitzender des BVFK, Stefanie Wagner, Producerin bei Constantin Film sowie Jakob Zapf, Autor, Regisseur und Produzent.

Stefanie Wagner baute in Kooperation mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Ansbach und der Hochschule für Fernsehen und Film München ein duales Studium ,Produktionsmanagement Film und TV‘ auf. Für die Defizite im technischen Mittelbau sah sie handfeste Gründe.

Stefanie Wagner: In der Auseinandersetzung mit dem ganzen Thema in den letzten Wochen ist mir eigentlich noch viel mehr
klargeworden: Was wirklich fehlt  sind noch mehr Einstiegsmöglichkeiten in die Branche, also Berufsmöglichkeiten wie eben Mediengestalter Bild und Ton, Kaufleute für audiovisuelle Medien. Viel mehr gibt es da nicht an dualen Berufen, regulierten Ausbildungen. Da muss man ansetzen! Dass es viel zu wenig Leute in dem technischen Mittelbau gibt, kommt einfach aus der Historie. Die Filmbranche hat sich über Jahrzehnte darauf verlassen, Praktikanten und Quereinsteiger günstig hochzuziehen. Dieses Konzept funktioniert einfach in unserer heutigen Welt nicht mehr.

Produzent Jakob Zapf erläuterte kurze Zeit später das STEP- Programm aus Hessen, das er mit seinem Unternehmen mit aufgebaut hat.

Jakob Zapf: Ich komme aus Hessen, wo es die Hessische Filmförderung gibt. Wir haben eine relativ kleine Branche, aber es gibt sie und sie wächst – und einer der Gründe dafür ist tatsächlich dieses STEP-Programm. Das haben wir vor etwa vier Jahren konzipiert und vor drei Jahren ist es dann an den Start gegangen. Eine Säule ist eben genau das: Wir müssen diese Praktikant:innen anlernen, weil wir ja den Nachwuchs brauchen. Und es gibt diese Studiengänge oder Ausbildungswege noch nicht, also müssen wir irgendwie diese Lücke füllen und erst einmal mit dem kaputten System weiterarbeiten und das ein bisschen flicken, damit es überhaupt weiterhin trägt. Wir haben das so gemacht, dass die Praktikant:innenstellen außerhalb des Budgets finanziert werden können. Das läuft zusätzlich über die Förderung mit einer Direktfinanzierung. Sowohl für geförderte Projekte wie auch für nicht geförderte Projekte – was total wichtig ist – so dass auch Fernsehprojekte oder andere Produktio- nen in den Genuss kommen können. Und das hat tatsächlich sehr geholfen! Wir hatten also viele Praktikant:innen in Hessen, die jetzt auch in dem Bereich dann ihre ersten Schritte gemacht haben.
Bis zu einem halben Jahr können die Praktikant:innen nach Mindestlohn bezahlt werden. Das ist ja auch immerhin mal eine Summe. In einer Ausbildung verdient man ja auch nicht so viel. Das ist aber schon ganz ok, teilweise besser als in einigen Ausbildungsberufen.

Jakob Zapf und Frank Trautmann
Frank Trautmann vertrat die Meinung, nach der Ausbildung müssten konkrete Pespektiven geboten werden. Jakob Zapf hatte sich zuvor für einen Mindestlohn bei Praktika eingesetzt. (Foto: Hans Albrecht Lusznat)

BVFK-Chef Frank Trautmann war der Meinung, dass auch Angebote nach der Ausbildung folgen müssen und sieht Unternehmen und Verbände in der Pflicht.

Frank Trautmann: Wir müssen vor allen Dingen eine Perspektive geben für die Zeit nach der Mediengestalter-Ausbildung. Das ist ja toll, dass die Medien gestaltet haben. Ich kenne das noch aus einer Zeit, da hat man seine Praktikanten anlernen müssen, damit sie dann Kameraassistenten wurden. Gerade jetzt mit der komplexen Technik ist es Gold wert, dass wir Mediengestalter haben, die an der Kamera lernen und die man in dieser Funktion auch übernehmen kann. Der BVFK hatte vor einigen Jahren eine Veranstaltung namens „Mediengestaltung – und was dann?“. Denn die bleiben nicht ewig Mediengestalter! Ich habe viele Leute ausgebildet und habe noch viel Kontakt. Die haben mit Film und Fernsehen nix mehr am Hut! Die gehen ins Internet oder in die IT-Branche. Da können die ihre Kenntnisse unterbringen und werden ja auch gut bezahlt.
Also müssen wir im Grunde genommen die Leute von ihrer Basisausbildung abholen und in die entsprechenden Fachberufe bringen. Wie sehen die Fachberufe aus, wer definiert das? Das können aus meiner Sicht nur die Berufs- verbände definieren, die auch die Definition geben für das Berufsbild.

Zum Abschluss meldete sich noch einmal Stefanie Bieker zu Wort, die sich dafür aussprach, nicht zu sehr in die akademische Richtung zu denken. Sie plädierte für die von Frank Trautmann vorgeschlagene Richtung, eine starke Grundlage durch eine Fachausbildung zu legen und machte einen Vorschlag, wie diese Ausbildung in ein System eingebunden werden könnte.

Stefanie Bieker: Es ist einfach an der Zeit, dass wir jetzt wirklich im gemeinsamen Schulterschluss Strukturen angehen sollten und diese langen Diskussionsphasen für beendet erklären. Ich finde es interessant, dass man auf der einen Seite sagt: Es gibt den Wunsch, dass das Studium dual ist. Wir brauchen die Praxis. Das sagen alle, die als Mediengestalter angefangen haben und dann irgendwo im Videoschnitt sitzen und nicht in die Branche kommen. Wir brauchen diese Struktur natürlich, ein oder zwei Praktika im Angebot und die müssen bezahlt sein. Auf der anderen Seite sehen wir aber auch, das finde ich interessant, dass das Berufsbildungssystem sich geändert hat. Wir haben die Möglichkeit des Bachelor Professionals, das heißt, wir haben die Möglichkeit, einen nicht akademischen Abschluss zu schaffen, in einem handwerklich-technischen Bereich, wo man als Fachwirt gilt oder eben als Bachelor auf eine Bachelorebene angehoben wird. Wir müssen von dem rein akademischen Denken weggehen.

Viele Wortmeldungen aus dem Publikum stellten die jeweils eigenen Erfah- rungen oder die Situation in der Bran- che dar. Es wurde deutlich, dass neben der Work-Life-Balance, oder Work-Life-Integration, wie Matthias Haedecke sich ausdrückte, die Wertschätzung der künstlerisch-handwerklichen Arbeit einer der Faktoren sei, die auch seitens der Rezipienten in den letzten Jahren an Bedeutung verloren hätten.

Zum Abschluss erläuterte Stefanie Bieker die aktuelle Arbeit der jüngst gestarteten Initiative Nachwuchsförderung für Filmberufe und erklärte, wie sich Interessierte hier engagie- ren können. Das laufe über die Verbände selbst. Bald wird es zur Information und Koordination auch eine Homepage für die Initiative geben. [15268]


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