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Dreharbeiten für zwei Dokumentationen in Feuerland

Kap Hoorn: Reise ins/mit Glück 2/2

Hier der zweite Teil des Berichts: Uwe Agnes und Bernd Siering erzählten in der Ausgabe 4/2016 von ihrem Dreh in Feuerland. In diesem Teil berichtet das Drehteam von ihren Erlebnissen auf der Reise zum Kap Hoorn. Am Montag den 20.11. werden beide Dokumentationen “Mythos Kap Hoorn” (17:15 Uhr) und “Der Flieger von Feuerland” (18:00 Uhr) auf ZDFinfo gezeigt.

Puerto Williams

Eine Woche später läuft noch immer alles wie geschmiert, und zwar so gut, dass wir uns manchmal ungläubig die Augen reiben. Trotz des Nationalfeiertags haben wir den Papierkrieg zur Ausreise rechtzeitig bewältigt und sind mit Rückenwind durch den Beagle-Kanal ins chilenische Puerto Williams gesegelt. Wir haben dabei Jacques mit hinübergenommen, der aus Frankreich kommt, im Nord-Sommer Hafenmeister am Bodensee ist, im Süd-Sommer die Welt umsegelt, perfekt Spanisch spricht und uns damit in der Folge bei unserer Arbeit ungemein weiterhilft.

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Start aus der Hand: Bei dichter Wolkendecke startet das Team die Drohne. (Bild: Uwe Agnes & Bernd Siering)

Wir haben schüchtern bei der Chilenischen Marine angefragt, ob wir vielleicht einmal fünf Minuten an Bord eines ihrer Schiffe mitfahren und drehen dürfen und sind vom Stützpunktkommandanten eingeladen worden, mit ihm auf Inspektionsreise auf einem Patrouillenboot nach Kap Hoorn zu fahren. Wir können dort sogar an Land gehen und erleben einen von zehn Tagen im Jahr mit brauchbarem Wetter, an einem Ort, an dem die Häuser üblicherweise festgebunden werden, damit sie nicht davonfliegen. Die „Dagmar Aaen“ hat das gleiche Wetterfenster genutzt, um das Kap zu umsegeln. Glück auf der ganzen Linie!

Puerto Williams ist der letzte Hafen vor Kap Hoorn und der Antarktis. Deshalb versammelt sich hier eine bunte Mischung von mehr oder weniger exzentrischen Fahrtenseglern, die unserem Kap-Hoorn-Film sehr gut tun. Eine Familie geht zum Beispiel gern barfuß bei 3 Grad Celsius über das Stahldeck ihres Schiffs. Ein anderer Segler sitzt seit 17 Monaten mit Frau und drei kleinen Kindern auf seiner Rennyacht fest, nachdem er vor Kap Hoorn im Sturm den Mast verlor, von der Marine gerettet wurde und seitdem an der Kette liegt, bis sein Schiff einen neuen Mast hat. Bereitwillig gibt er ein ausführliches Interview, das er am nächsten Tag schriftlich zurückzieht, nachdem er unseren Kapitän einen Piraten genannt hat. Ein kleiner Rückschlag, aber nicht entscheidend und schon gar nicht bedeutend genug, unsere Glückssträhne offiziell zu beenden.

Drohne extrem

Die Dreharbeiten für die eine Dokumentation sind abgeschlossen, nun müssen wir uns Gunther Plüschow widmen. Wir fahren durch den Beagle-Kanal zurück nach Westen, um in den Fjorden Landschaftsaufnahmen, unter anderem mit unserer DJI Inspire, zu drehen. In der Nacht laufen wir bei pechschwarzer Dunkelheit in eine entlegene Bucht ein und finden nur mit Radar den Ankerplatz. Das Licht des Morgens zeigt eine Idylle mit schneebedeckten Bergen, niedrigen Wolken – und kaum Wind, zum ersten Mal, seit wir in Patagonien sind, an einem von zwei Tagen, an dem wir die Drohne einsetzen wollen. Wir lassen uns mit dem Dingi am Strand absetzen; die Ausrüstung ist wasserdicht verpackt. Es gibt keine Wege, das Gelände ist sumpfig, und wir müssen die Drohne in ihrem unhandlichen Koffer tragen. Der Gedanke, das Drohnen eigentlich fliegen und nicht durch die Landschaft getragen werden sollen, ist dabei kein Trost. Genauso wenig wie Weg und Steg gibt es ebene Flächen für Start und Landung. Also starten wir aus der Hand. Selbst um Regentropfen von der Linse zu wischen, bleibt das Gerät schwirrend über uns in der Luft.

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Die „Dagmar Aeaen“ aus der Luft. (Bild: Uwe Agnes & Bernd Siering)

Gelandet wird wieder in die ausgestreckte Hand – alles eine Frage der Technik und des Vertrauens. Dann hören wir statt des aggressiven Surrens der Drohne ein leises Rauschen in der Luft: wenige Meter über unseren Köpfen gleitet ein Silberkondor ins Tal. Als der Regen stärker wird, drehen wir nur noch mit unserer wasserdichten JVC GZ-RX515. Sie ist eine Mischung aus Action-Cam und herkömmlichem Camcorder. Was auch immer wir ihr zumuten – sie hält es aus, ob Kälte, Wasser oder Staub. Laut Handbuch übersteht sie sogar einen Sturz aus 1,5 Metern auf eine Sperrholzplatte. Die Fallhöhe hätten wir gehabt, eine Sperrholzplatte jedoch nicht, also bleibt das einstweilen unerprobt. Drei Monate vorher haben wir sie schon auf dem Rahsegler „Sedov“ bei ähnlich nassen Bedingungen eingesetzt. Hier in Feuerland ist sie unser ständiger Begleiter, der bequem in eine Jackentasche passt. Mit dem sehr langlebigen Akku, unter 300 Gramm Gesamtgewicht und einer großen Speicherkarte muss man an nichts weiter mehr denken.

Letztes Glück

An unserem letzten Drehtag filmen wir am Italia-Gletscher. Er kommt herab aus über 2.000 Metern Höhe und endet im Meer. Wieder ist es windstill, sogar die Sonne scheint. Wir fahren mit dem Beiboot so nah, wie wir uns trauen, an die Gletscherzunge heran, ziehen es auf die Felsen und lassen unsere Drohne 400 Meter den Gletscherbruch hinauffliegen. Es gelingen uns dabei einige wirklich spektakuläre Aufnahmen. Immer wieder poltern kleinere Eisbrocken in die Tiefe und klatschen in die See. Als dann aber ein Stück in der Größe eines Einfamilienhauses abbricht, halten wir doch den Atem an, denn eine nicht unbeträchtliche Flutwelle rollt auf uns zu. Wir selbst stehen hoch genug – aber was ist mit unserem Beiboot? Zum Glück haben wir es weit genug auf den Felsen gezogen, so dass es nicht fortgespült wird. Ohne das Dingi hätten wir übel in der Klemme gesessen. Wie hätten wir zurück an Bord kommen sollen? Als wir schließlich zurück sind, hat der Wind schon wieder stark aufgefrischt. Wir haben unsere Zeit optimal genutzt.

Epilog

Nach unserer Abreise aus Ushuaia verbrachten die „Dagmar Aaen“ und ihre Crew um Arved Fuchs drei lange Wochen in Puerto Williams – nicht etwa freiwillig, sondern weil sie dort wegen Sturms festsaßen. Unsere Dreharbeiten waren mit nur zwei Wochen sehr knapp bemessen, aber mehr Zeit in Feuerland hätte sich wegen des äußerst begrenzten Budgets nicht realisieren lassen. Wären wir nur 14 Tage später nach Patagonien gereist, hätten wir nichts von unseren Aufnahmen realisieren können, und gleich zwei Projekte wären geplatzt. Wenn man nicht die finanziellen Mittel hat, schlechtes Wetter auszusitzen, sind solche Drehs reines Roulette. Aber warum soll man nicht einmal Glück haben?

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